Foto Auch beim ersten intelligenten Kühlschmierstoff-Automatisierungssystem der Welt des Schweizer Unternehmens Liquidtool Systems ist der Einsatz von KI ein Thema. (Liquidtool Systems AG)

Die Errungenschaften der künstlichen Intelligenz (KI) machen auch vor der Zerspanungsbranche nicht halt. Im Bereich der Qualitätskontrollen leisten KI-Modelle bereits in vielen Unternehmen wertvolle Dienste. Der Einsatzbereich im komplexen Zerspanungsprozess könnte sich aber noch weiter ausdehnen.

Schon viele Unternehmen der Zerspanungsbranche zählen bei der Fertigung auf eine KI-gestützte Qualitätskontrolle – meistens in Kombination mit einem zentralen Cloud-Dienst. Da dies nicht ganz unproblematisch ist, befasst sich aktuell ein Forschungsprojekt mit «intelligenter Zerspanung» ohne Cloud-Anbindung, die auch für kleinere und mittlere Unternehmen erschwinglich ist. Dieses Projekt wird von der Europäischen Union und dem deutschen Bundesland Nord­rhein-Westfalen gefördert. Dabei nehmen verschiedene Partner den komplexen Zerspanungsprozess mit seiner Vielzahl an Werkzeug- und Prozessparametern unter die Lupe. Gemeinsam entwickeln sie eine Lernplattform zum dezent­ralen Training von prädiktiven KI-Modellen.

Die Modelle werden dazu mit Prozessdaten direkt aus der Produk­tionsmaschine trainiert. Das erlaubt es der KI, Qualitätsprobleme während des Zerspanungsprozesses zu erkennen: Abweichungen am Werkstück durch Werkzeugverschleiss werden so frühzeitig entdeckt. Hin-weise liefern dabei beispielsweise Schwankungen in der Spindellast oder/und im Spanndruck. Das entwickelte KI-Modell detektiert Werte ausserhalb der festgelegten Toleranzen umgehend als Massabweichung. Dank KI können zeitaufwendige Qualitätskontrollen erheblich reduziert werden.

Effizienzsteigerung bei den Qualitätskontrollen
Das neu entwickelte maschinelle Lernverfahren ermöglicht auch kleinen und mittleren Unternehmen, die Vorteile von KI für ihre Qualitäts­kontrollen zu nutzen. Im Gegensatz zu Cloud-Lösungen müssen die Produktionsdaten hier nicht mehr zentral gespeichert werden. Sie befinden sich also nicht mehr ausserhalb des Einflussbereichs des Unternehmens und sind auch weniger Datenschutz- und Datensicherheitsrisiken ausgesetzt. Die Daten verbleiben auf lokalen Servern, während sie für das kollaborative Training des KI-Modells verwendet werden. Das KI-Modell kann auch über mehrere Unternehmensstandorte hinweg in einem Netzwerk lokaler Geräte und Server des Unternehmens trainiert werden, ohne dass die Fertigungsdaten die lokalen Datenbanken verlassen. Für den Datenschutz und die Sicherheit der sensiblen Produktionsdaten ist das fraglos ein Vorteil.

dataMatters, ein Spin-off der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, hat mit «Real World AI» eine Lösung entwi­ckelt, die diesen Ansatz weiterverfolgt. Das Konzept basiert gemäss Firmengründer Dr. Daniel Trauth auf drei Pfeilern: «Auf der Datenerfassung mittels Sensorik, dem Sammeln der Informationen in einem geschützten Datenraum und der anschliessenden Auswertung mit KI-Algorithmen.» dataMatters kümmere sich um die Erfassung und stelle technisch abgesicherte und rechts­sichere Datenräume bereit. «Die Unternehmen können dann entschei­den, ob sie die KI-Auswertung in unseren Datenräumen oder auf ihren eigenen Servern vornehmen wollen.»

KI bei der Kühlschmierstoff-Automatisierung?
Angesichts der Komplexität des Zerspanungsprozesses gibt es noch zahlreiche weitere Möglichkeiten für den Einsatz von KI. Denn theore­tisch lässt sich mit KI jeder Werk­zeug- und Prozessparameter bei der Zerspanung optimieren, auch das Kühlschmierstoff-Management. Das erste intelligente Kühlschmier­stoff-Automatisierungssystem der Welt des Schweizer Unternehmens Liquidtool basiert auf Internet-Anbindung. «Es ist durchaus damit zu rechnen, dass wir in naher Zukunft das Potenzial von KI nutzen und zum Beispiel für Analysen in unsere Lösung einbinden werden», sagt Ver­kaufs- und Marketingleiter Daniel Brawand.